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Die Mühlen der Stadt Schwerin gehören zweifellos zu den ältesten in unseren Land.
Die gegebenen natürlichen Ressourcen von Schwerin mit seinen vielen Seen und die Erfahrungen der sich neu ansiedelnden Menschen waren wichtige Voraussetzungen.
Die ersten Mühlen, es waren Wassermühlen, konnten allerlei Arbeiten verrichten, wie Korn mahlen, Balken sägen, Öl pressen, Leder verarbeiten, Steine schneiden.
Das Niveau des Wasserspiegels vom Großen oder vom Ziegelsee ist in der Zeit der Stadtgründung auch für Pfaffenteich und Fließgraben anzunehmen, d. h. noch viel tiefer, als es sich jetzt nach verschiedentlich Senkungen im Laufe der letzten hundert Jahre zeigt.
Der Fließgraben und der Grenzgraben zwischen Pfaffenteich und Beutel an der Nordseite der Altstadt waren wohl kleine Wasserläufe, konnten zur Verteidigung aber nicht gebraucht werden. Erst mit dem Mühlenbau, mit Wehren
und Wasserstau konnten die Wasserläufe breit und tief werden und Verteidigungszwecke erfüllen.
So ist wahrscheinlich mit dem Palisadenbau auch das Aufstauen der Gewässer und der Mühlenbau in den ersten Jahren nach Gründung der Stadt betrieben worden. So treten uns die beiden Schweriner Mühlen, die Grafen- oder Binnenmühle und die Bischofsmühle, schon innerhalb der ersten Jahrzehnte nach der Gründung der Stadt als Besitz der Personen entgegen, nach denen sie noch heute genannt werden. Beide Mühlen blieben auf lange Zeit die einzigen vor der Stadt. Für die gesamte Geschichte des Mühlenwesens der Stadt Schwerin ist die Neumühle mitzuzählen, die in der Mitte
des 14. Jahrhunderts urkundlich zuerst auftritt.
Die Grafenmühle
Am südwestlichen Ende der Stadt, am Fließgraben, dicht vor dessen Austritt in den Burgsee, lag die Grafenmühle. Heute ist von ihr nichts mehr zu sehen (Schloßstrasse, Mecklenburgstraße, Klosterstraße). Die Grafenmühle lag außerhalb der seit etwa 1400 entstandenen Stadtmauer. Das Wasser, das die Mühlenräder trieb, kam teils durch den Fließgraben (heutige Mecklenburgstraße) vom Pfaffenteich her, teils durch die Seeke, die etwas östlich der heutigen Goethestraße verlief. Der Mühlendamm, unmittelbar vor dem Grundwerk der Grafenmühle liegend, verband die höher gelegenen Ufer, wie sie heute in der ansteigenden Schloßstraße und westlich vom Marienplatz erkennbar sind. Über diesen Mühlendamm führte auch noch in späteren Jahrhunderten der Hauptausgang aus der Stadt, dem Mühlentor. Der Ablauf der Wasser der Grafenmühle, das sogenannte Freiwasser, ging in den Burgsee, dessen Bucht noch im 19. Jahrhundert bis dicht an die Mühle heranreichte.
Die Bischofsmühle
Die Bischofsmühle lag nordwestlich der Stadt, dort wo das noch so genannte Mühlengehöft sich befindet. Der Pfaffenteich war durch einen starken Damm vom Aubach getrennt, um dessen Stauung zu ermöglichen.
In dem Original der oft zitierten Bewidmungsurkunde Herzogs Heinrich von Bayern und Sachsen wird diese Mühle noch nicht erwähnt, die Geistlichkeit mit ihrem praktischen Blick erkannte schnell die Bedeutung dieser Anlage, und führte in dem falschen Exemplare aus dem 12. Jahrhundert unter den dem Bisthum verliehenen Gütern die Mühle mit auf.
Weitere Mühlen
Die Entwicklung des 19. Jahrhunderts steht unter dem Zeichen der Großmühle. Aus Amerika kam der mechanisierte Betrieb, der alle Mahlvorgänge in einen zusammenhängenden mechanischen Ablauf brachte. Aus Österreich und der Schweiz kam der Walzenstuhl nach Deutschland. Zwar drangen die Neuerungen nicht schnell in Mecklenburg ein, doch verfolgte man die Entwicklung genau. Die Bevölkerungszunahme im neuen Jahrhundert, die wirtschaftlichen Fortschritte in der Landwirtschaft wirkten auf das Mühlenwesen ein. 1816 hatte der neue Teil der Bischofsmühle drei Gänge. 1819 erhielt die Binnenmühle eine holländische Windmühle vor dem Wittenburger Tor und 1824 die Bischofsmühle den großen Galerieholländer hinter der
Augustenstraße.( heute Zum Bahnhof)
1842 baute Mühlenpächter Röper in der Bischofswassermühle an Stelle der Wasserräder eine Turbine, nach Mohaupt die erste Turbine in einer Mühle Deutschlands. 1844 folgte der Binnenmüller Heldt mit der zweiten Mühle, einer große Galeriemühle mit zwei Walzenstühlen. 1853 wurde zwar der alte Wasserbetrieb der Grafen- oder Binnenmühle wegen des Baues der Poststraße, jetzt Mecklenburgstraße, aufgehoben. 1860 wandelte Karl Pingel, der Pächter der Bischofsmühle, diese in eine Dampfmühle um. Damit hörte der Wasserbetrieb auf, und der Mühlengraben zum Ziegelsee wurde zugeschüttet; nur ein Gang im alten kleinen Mühlengebäude blieb kümmerlich als Wassermühle in Betrieb.
1863 gelangten die Windmühlen am Wittenburger Tor in die Hand des Pächters W. Janssen. Dieser umbaute 1875 als Besitzer die große Holländermühle mit dem Fabrikgebäude einer Dampfmühle und gab der Windmühle fünf Flügel. 1894 wurde der Windmühlenbetrieb aufgehoben und die oberen Teile in Böden verwandelt. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vergrößerte Janssen ständig den Betrieb.
1868/69 war in Mecklenburg die Gewerbefreiheit eingezogen, was eine starke Anregung zum Mühlenbauen gab. Seit 1870 tauchte eine Windmühle in Tannenhof auf; 1871 baute Heinrich Awe seinen großen Galerieholländer südlich der Friedrich-Franz-Straße, 1885 Rieckhof einen kleineren Holländer an derselben Straßenseite weiter nach Lankow hin. 1891 erbaute Beckmann die Dampfmühle an der nördlichen Seite der Friedrich-Franz-Straße; er mahlte aber nur für die Militärverwaltung. Damit war der Höhepunkt der Mühlenentwicklung in Schwerin erreicht: 3 Dampfmühlen, 2 Galerieholländer, 2 Erdholländer, 1 Bockmühle, mit Neumühle noch eine Wasser- und eine Windmühle mehr, also 10 Betriebe, der Schleifmühle und der Lohmühle vor der Jägerstraße gar nicht zu gedenken. Nun erfolgte ein schneller Rückgang. Gebrüder Pingel müssen in den achtziger Jahren erst die Bockmühle abstoßen, dann die Holländermühle verpachten; 1892 können sie auch die Dampfmühle nicht mehr halten, die Janssen erwirbt. 1893 wird die Bockmühle abgebrochen, nachdem sie zuletzt kläglich von Hand zu Hand gewandert ist. 1896 brennt die Mitte der Janssenmühle aus, was aber die Tatkraft ihres Besitzers nicht lähmt. Im Juni 1914
wird das große Mühlenwerk Janssens durch einen gewaltigen Brand völlig vernichtet. 1909 brennt die kleinere Holländermühle an der Friedrich-Franz-Straße ab, 1910 der Galerieholländer hinter der Augustenstraße. Paul Fischer erwirbt kurz vor dem Kriege die Awesche Mühle; er bricht sie im zweiten Kriegsjahr ab und verkauft sie nach auswärts.
Janssen setzt seine Pläne, eine Großmühle am Ziegelsee zu bauen, bei den Behörden nicht durch und verlegt seinen Hauptbetrieb nach Kleinen. Die Bischofsmühle tritt er 1915 ab an Deppen, den aber die letzten Zeiten wirtschaftlichen Rückgangs 1926 zwingen, sein Werk stillzulegen. Heute steht diese uralte Mühle als trauriges Denkmal großer Vergangenheit da.
Die Dampfmühle an der Friedrich-Franz-Straße wird in eine A.-G. verwandelt; sie ist freilich Großhandelsmühle und noch kürzlich wieder ausgebaut. Neben ihr besteht nur noch seit 1903 die Linowsche Dampfmühle, die in der Hauptsache für die mit ihr verbundene Bäckerei arbeitet.27 |
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