Die ersten Straßen auf der Schelfe waren die Steinstraße (heute Puschkinstraße) und die Fischerstraße (heute Münzstraße). Noch im 16. und 17. Jahrhundert beschränkte sich die Bebauung im wesentlichen auf drei Straßenzügen. Das war einmal die Puschkinstraße, die sich damals in zwei Abschnitte teilte. Vom Markt bis zur heutigen Schliemannstraße wurde sie Steinstraße genannt. Die Ritterstraße endete an der Schelfkirche. Den zweiten Abschnitt bildete die Fischerstraße, welche die heutige Münzstraße, den Ziegenmarkt sowie die Amstraße umfasste und zum dritten die Papenstraße (heute Pfaffen-, Schul- und Apothekerstraße). Die Straßen wurden nicht lückenlos bebaut, sondern waren von großen Gärten umgeben. Im Jahre 1581 zählte man in der Ritterstraße 47, in der Papenstraße 19 und in der Fischerstraße 58 Wohnungen. Im 17. Jahrhundert ist es kaum zu einem Zuwachs gekommen. Das hatte verschiedene Gründe. Einerseits lag es an der Misswirtschaft des Dom-Kapitels, anderseits an den Stadtbränden, die vor der Schelfe nicht haltmachten und nicht zuletzt an den Auswirkungen des 30 jährigen Krieges. Im 17. Jahrhundert war die Schelfe völlig runtergewirtschaftet. Im Jahre 1705 erließ der Herzog die Deklaration zum Ausbau der Schelfstadt. Der Bebauungsplan sah fast geometrisch angeordnete Straßen und Häuserblocks nördlich des Marktes vor, die Schelfstraße, Lehmstraße, Bergstraße und eine Verlängerung der Münzstraße in Richtung Werderstraße. Als Wohnhäuser schlug Reutz in den Hauptstraßen zweigeschossige, in den Nebenstraßen eingeschossige Fachwerktraufenhäuser vor. Die Münzstraße verbindet heute die Burgstraße mit dem Ziegenmarkt. Ihren heutigen Namen erhielt sie erst relativ spät. Sie ist eine der ältesten Straßen in der Schweriner Schelfstadt und dürfte bereits im 13. Jahrhundert existieren. Als der Scharfrichterhof abgerissen wurde, entstand dort, wo die Münzstraße auf die Burgstraße trifft, ein Fischmarkt. Als dieser im 17. Jahrhundert beseitigt wurde, mußten sich die Fischer in der angrenzenden Straße niederlassen, die dann auch nach ihnen benannt wurde. Die Bezeichnung Straße verdient sie allerdings nicht so recht, denn eigentlich handelte es sich bei ihr mehr um einen Sandweg, der ins Moor führte. Erst 1823 begann man damit, die Straße mit Steinpflastern zu belegen, wofür die Hausbesitzer ein besonderes Steindammgeld entrichten mussten. Von den 1581 gezählten Wohnungen existiert heute keine mehr. Während nämlich die Neustadt bei dem großen Stadtbrand von 1651 mit dem Schrecken davonkam, brannte es hier 1690 und 1697. Nach dem Brand von 1690, der die Neustadt vernichtete, wurde 1693 angeordnet, auf der Schelfe die Strohdächer zu beseitigen und nur noch Steindächer zu bauen. Trotzdem kam es 1697 zu einem weiteren verheerenden Brand, der in der Fischerstraße begann und insgesamt 22 Häuser, ein viertel dieses Stadtteils, einäscherte. Die dadurch in der Fischerstraße entstandenen vielen freien Flächen wurden benutzt, um die bis dahin recht unregelmäßige Straße zu begradigen und auf eine einheitliche Breite zu bringen. Die Bebauung schritt nur langsam voran und noch 1747 gab es in der Fischerstraße, besonders auf der Westseite, viele Baulücken. Eines der Häuser, das zu dieser Zeit schon existierte, war das Haus Nr. 8, das so genannte Sturmsche Haus. Um 1715 wurde das Gebäude nach Plänen von Baudirektor Leonhard Christoph Sturm errichtet. Bereits 1759 erwarb die Regierung das so genannte "Sturmsche Haus". In den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts wurde hier die Herzoglich-Mecklenburgisch-Schwerinsche Münze untergebracht, die 1778 ihren Betrieb aufnahm. Seit dieser Zeit heißt die Straße Münzstraße. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts stand unter dem Zeichen der Stadterweiterungspläne des Baurats Demmlers. Er projektierte schon 1858 eine Verlängerung der Werderstraße über die Gärten der Münzstraße hinweg zum Alten Garten. Dieser Plan fand jedoch wenig Gegenliebe bei den Besitzern der großen Hausgärten, die damals noch bis an das Wasser reichten. Der Plan wurde zunächst abgelehnt. Erst nach dem Neubau der Infanteriekaserne an der Werderstraße konnte er Wirklichkeit werden. Für die Marschroute der Soldaten zum Großen Exerzierplatz hinaus benötigte man die Durchgangsstraße und wandte das staatliche Enteignungsrecht an. Trotz verkleinerter Grundstücke wurden weiter Häuser gebaut, vor allem nun auch mehrstöckige, die die Bauten der Reutzschen Pläne weit überragten. Dazu kam eine weitere Veränderung, der Durchbruch der Palaisstraße (Schliemannstraße) in Richtung Wasser. Die Münzstraße hatte sich in der Zwischenzeit von einem ins Moor führenden Sandweg zu einer der wichtigsten Verbindungen zwischen Alt- und Neustadt entwickelt. Ihre Bedeutung wird auch durch die Tatsache unterstrichen, dass sie eine der ersten Straßen der Neustadt war, die 1835 Gasbeleuchtung erhielt. Im 18. Jahrhundert lebten in der Münzstraße neben einer Vielzahl von Handwerkern auch 20 Beamte und Angestellte des Hofes. In der Folgezeit bestimmten immer mehr die Handwerker wie Schuster, Schneider, Stuhlmacher, Friseure, Weber, Schmiede, Schlachter und Feldscherer das Bild der Straße. Sie bildete mit ihren Handwerksbetrieben ein typisches Beispiel für die Vielfalt der unterschiedlichsten Gewerke. 17
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