Geheimnisse unserer Stärke
3. Mai 2005 am Faulen See, Trainingsbeginn.
Das AWO-Team geht in die neunte Saison. Der Winter wurde für harte Trainingseinheiten im Badminton, Umstrukturierungen und einzelne Saunagänge genutzt.
Mitglieder fielen aus, neue wurden geworben (natürlich ohne Prämien und Ablösesummen). Das Team hat sich verjüngt. Man spürt es bei den ersten Trainingseinheiten. Da macht sich jugendlicher Übermut und Unkonzentriertheit in den Paddelreihen auf den Bänken breit. Die Übermütigen werden isoliert, von den Erfahrenen an die Hand genommen. Pflaster und Schweigeverpflichtungen werden angedroht. Nach einigen Trainingseinheiten hat sich das Konzept bewährt. Die Jugend ist integriert, im Team akzeptiert, das Training beschert die ersten guten Zeiten. Doch was ist Training ohne Wettkampf? Wird sich das neue alte Paddelkollektiv bewähren? Das Wochenende auf dem Faulen See wird es zeigen.
Das Wunder vom Faulen See Sonnabend, 18. Juni, 9.30 Uhr: Die Sonne lacht, der Himmel verspricht herrliches Wettkampfwetter.
Die Freude ist groß, gab es in den Jahren davor doch immer wieder Schlechtwetterüberraschungen. Die letzten Mitglieder trudeln ein.
Die akademische viertel Stunde ist überschritten. Die Pünktlichkommer üben Nachsicht. Schulabschlußfeiern und spontane Freitag-auf-dem-Balkon-Grillfeten werden als Entschuldigungen akzeptiert. Eine halbe Stunde später- noch gut zwanzig Minuten bis zum ersten 250-Meterlauf. Leichte Nervosität macht sich breit und wird auf die zahlreichen Dixi-Klos exportiert. Andere sitzen betont locker auf ihren Stühlen, verinnerlichen sich (kann auch als Herumdösen durchgehen). Die Gegner werden diskutiert, die Chancen ausgerechnet. Die letzte Aufregung wird beim Aufwärmen
vertrieben. Man reißt Witze mit den Gegnern. Man kennt sich, ist sportlich fair. Trotzdem werden wir hart kämpfen- die anderen auch.
10.30 Uhr. „Are you´re ready? Attention! Go!“, Der Startschuß schallt über den See. Einige Enten überschlagen sich vor Schreck in der Luft. (Paddlerlatein) Die ersten kräftigen Züge sitzen. Klasse! Das Boot kommt gut weg. Über den sechs Drachenköpfen herrlicher Himmel. Nach 1:13.96 Minuten ist alles vorbei. Man atmet ein, man atmet aus, klopft sich gegenseitig auf die Schulter. Die Frage nach dem Platz- niemand kann sie beantworten. Man hat auf den Vorder- mann geschaut, alles gegeben. Da war keine Zeit für Vergleiche. „Dritter?“ „Nein.“ „Dann vierter Platz. Der Letzte war´s auf keinen Fall!“ Wenig später das große Staunen. Trotz bisheriger Bestzeit hat es nur für den fünften Platz gereicht. Doch die Enttäuschung hält sich in Grenzen. Die Zeit ist gut. Die nächste Zeit wird noch besser sein. Der zweite Vorlauf beginnt um 14.10 Uhr. Zeit für Gespräche, lesen, Bekannte treffen. Die Jugendsparte des AWO-Teams bildet eine
Kreuzworträtselgemeinschaft. Man stößt auf die gute Zeit an. Aber mehr als ein Glas Sekt wird nicht genehmigt. Dann um kurz vor Zwei, die halbe Mannschaft verschwindet wieder in den blauen Häuschen. Man weiß, das nächste Rennen naht.
Der Start läuft wie geschmiert- die Ausbeute: wieder nur der fünfte Platz. Die verbesserte Zeit 1:12.80. Nur zwei Sekunden bis zur Siegerzeit. Doch die Stimmung ist gut. Die Jungen flaxen. Zufrieden wird der Grill entfacht. Auf den Tellern sieht man, wer noch wachsen will. Ja - und dann der 2000-Meter-Lauf. Hier möchte der Schriftführer schweigen. Hätten wir rechtzeitig die richtige Startposition eingenommen, hätten wir nicht soviel unnötige Schläge machen müssen. Hätten wir die Bahn eng genommen, hätte das uns überholende Boot außen vorbei müssen. Sie hätten uns niiiieeee überholt. Aber so? Die schlimmen Worte „wenn“ und „hätte“. Egal, unsere Zeit war besser als in den Jahren davor. Und wir haben gekämpft! Wer den Platz und die Zeit wissen will, kann nachlesen. Ich schweige!
Der nächste Tag: Sonntagmorgen 10.10 Uhr, irgendwo in Deutschland. Doch es gab kein Knoppers, sondern unser Wunder begann: Hoffnungslauf auf dem Faulen See. Vor Startbeginn war den meisten von uns klar: “Na, heute wird der Paddeltag nicht lang. Unser Hoffnungslauf- das war´s dann. Wie immer.“ „Die Zeitungsfritzen“, „Menk-Piranhas“, „Blaue Kraken“, noch einige andere Mannschaften steigen in ihre Boote. Der Startschuß - und nach 1:10.20 min ist uns klar: Wir sind die Sieger! Als wir aus unserem Boot steigen, spüren wir
zum ersten Mal in unserer Paddelkarriere dieses unbeschreibliche Gefühl, wenn man Erster ist!
„We are the Champions!“ Freddys Stimme klingt fast im Ohr. Dann die erstaunte Frage eines Blauen Kraken: „Sagt mal, ihr habt wohl nachts trainiert?“ Die Frage geht wie Öl hinunter. Nun ist alles möglich! 12.00 Uhr Mittags- Halbfinale: 1:07.58 min. Für uns der zweite Platz und wieder eine persönliche Bestzeit. Und über allen strahlt die Sonne- und in unseren Gesichtern auch. Sogar „Smurf Power“ liegt knapp hinter uns. Ungläubige Gesichter einiger Paddelkollegen, als wir unsere Zeit nennen. Wieder eine Steigerung! Euphorie im Fahrer-(sprich Paddler)-lager. Wir haben uns für das A-Finale qualifiziert. So weit waren wir noch nie. Wir werden alles geben!!! Dann das Finale. Ein hartes Rennen, knapper Zieleinlauf. Diskussionen um den Platz. Keiner kann helfen, so steigt die Spannung bis zur Siegerehrung. Auf jeden Fall wird es einen Pokal geben. Da sind wir uns sicher. Die Unruhe steigt von Minute zu Minute. Dann die Siegerehrung: „AWO-Robben“ – Platz 4! und in 1:07,20. Wir können
es kaum fassen. Jubel im Zelt, anerkennende Blicke und Staunen in einigen Gesichtern. „Ihr ward doch sonst Kanonenfutter!“
„Waren wir - waren!“. Da wird man übermütig vor Freude. Wir stehen vor der Bühne, sind vereint glücklich. Der Pokal wandert von Hand zu Hand. In diesen Momenten spürt jeder die Stärke und Einheit der Mannschaft. Wir liegen nur acht hundertstel Sekunden hinter den dritten Sieger, erfahren wir anschließend.
Sonntagnachmittag am Faulen See. Das Zelt wird eingepackt. In neun Wochen ist das Pfaffenteichrennen. Wir werden trainieren. Nun haben wir eine Verpflichtung zu halten. Die AWO-Robben ein Oneway - Wonder? Wir hoffen es nicht. 16
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