19. Jahrhundert

Schwerin erreicht am Ende des Jahrhunderts den Höhepunkt seiner städtebaulichen Entwicklung, ein Gesamtkunstwerk aus Klassizismus, Neorenaissance, Neugotik und Historismus.
Die Stadt Schwerin mit ihrer Insellage, umgeben von Wällen und Wehranlagen, begann allmählich sein mittelalterliches Gesamtbild zu verlieren. Die Festungsanlagen hatten ihren Zweck erfüllt und verschwanden nach und nach. Stein und Fachwerkbauten ersetzten die oftmals durch Brände zerstörten Holzhäuser mit ihren Stroh- und Rieddächern.
Schwierig gestaltete sich die Bebauung um den Großen Moor. Der sumpfige Untergrund lies nur einfache Fachwerkbauten, ohne Unterkellerung zu. In der Vorstadt wurde zunächst nur am Marienplatz und in der Rostocker Straße (heute Goethestraße) gebaut. In der Wismarschen und Lübecker Straße standen vor allem Scheunen.
Ein neues Theater wurde 1834 eingeweiht und die Regierung hatte das zwischen 1824 und 1834 erbaute Kollegiengebäude als neuen repräsentativen Sitz erhalten. Dieser im Schinkelstil errichtete Prachtbau und viele andere eindrucksvolle Gebäude in Schwerin gehen auf das Wirken des Hofbaurats Georg Adolf Demmler zurück, der von 1823 bis 1851 im Großherzöglichen Staatsdienst angestellt war und das Stadtbild, wie kein anderer vor ihm und nach ihm, prägte.
Als Landbaukonduktor wurde dem 20-jährigen Demmler die Bauleitung des Kollegiengebäudes in der Schlossstraße übertragen, das Schauspielhaus am Alten Garten wurde 1832 bis 1836 gebaut, das Arsenal am Pfaffenteich entstand in vier Jahren.
Bis zum Jahr 1844 war der Marstall auf der Marstallhalbinsel fertig, in der gleichen Zeit wurde an den Torhäusern am Platz der Jugend gebaut, der Häuserblock am heutigen Bahnhofsvorplatz/ Ecke Wismarsche Straße , 1847 mit einer einheitlichen klassizistischen Fassade versehen, das Rathaus am Markt war schon 1836 auf ähnliche Weise durch die Fassadenverbindung, dreier Giebel-häusern in ein repräsentatives Gebäude verwandelt worden.
Die ehemalige Justizkanzlei in der Schelfstraße, die in den letzten Jahren aufwendig saniert wurde, entstand durch einen Fassadenvorbau im Demmlerschen Stil. Auf dem Sachsenberg errichtete man die erste wissenschaftlich geleitete „Irren-Heil-und Pflege-Anstalt" Norddeutschlands.
Ab 1845 begann Demmler mit dem Umbau des Schlosses.
Es entstand bis 1857 ein Märchenschloss auf der Insel mit zahlreichen dekorativen Bauteilen, dass auch bautechnisch höchste Bewunderung abverlangen.
Zeitweilig waren unter Leitung Demmlers bis zu 800 Arbeiter auf dieser Großbaustelle beschäftigt. Modernste Methoden der Bauabläufe und der Fertigung wurden genutzt. So wurden zum Beispiel Brückenteile in einer Grabower Eisengießerei vorgefertigt und in Schwerin montiert, Terrakottafiguren industriell hergestellt und beim Schlossbau und anderen Bauwerken aufgestellt. Beeindruckend für viele Besucher ist sicherlich auch, mit welch z.T. einfachen Mitteln eine repräsentative Innenausstattung erreicht wurde. Der Schlossbau war Anfang 1851 schon weit fortgeschritten, als Demmler in Konflikt mit den großherzöglichen Hofbeamten geriet und den Dienst quittieren musste. Neuer Bauleiter wurde der Berliner Architekt F. A. Stüler, unter seiner Leitung entstand vor allem die Kuppel über dem Hauptportal.
Im Jahre 1868 hatte Schwerin 24210 Einwohner. Die Stadt hatte sich ausgedehnt, die Paulsstadt mit Paulskirche wurde errichtet, Artilleriekasernen (Stellingstraße) entstanden, die Umbauung des Pfaffenteiches wurde fortgesetzt, man begann mit dem Bau des Gymnasium Fridericianum an der Westseite des Sees.
Schon 1847 war Schwerin mit einer Linie nach Hagenow an das entstehende deutsche Eisenbahnnetz angeschlossen worden, die Hauptstrecke Hamburg - Berlin führte dort in weitem Bogen an Schwerin vorbei.
Nach der Niederlage der bürgerlichen Kräfte während der Revolution von 1848/49, die in Mecklenburg 1850 mit der Wiedereinführung des Landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs von 1755 endete, wurden viele aufrechte Demokraten außer Landes getrieben, waren Repressalien ausgesetzt oder in Festungshaft genommen. Eines der prominentesten Opfer war Hofbaurat Demmler, der 1851, ohne Pensionsanprüche aus dem Dienst entlassen wurde.
DWeisse Flotte 1870as gesellschaftliche Leben in diesen Jahren war stark geprägt von umfangreichen höfischen Aktivitäten. Am Theater wirkten bedeutende Künstler jener Zeit, Friedrich von Flotow, der Komponist der Oper „Martha" war von 1855 bis 1863 Intendant in Schwerin, die Hofkapelle veranstaltete Musikfeste und gab Konzerte. Man entdeckte die Schönheit der Schweriner Seenlandschaft. Bereits 1852 fuhr ein Dampfschiff von Zippendorf zur Insel nach Kaninchenwerder, zum Krebsessen traf man sich in Krebsförden am Ostorfer See, ein „Wasseromnibus" brachte die Familien an die schönsten Stellen.
Bis zum Jahre 1842 war an Stelle des heutigen Paulsdamms unwegsames Gelände wie Moor und Sumpf. Ein Befahren mit Fuhrwerken war nicht möglich. So entschloss sich der Mecklenburgische Großherzog hier einen Damm anlegen zu lassen um die Orte auf der Ostseite des Schweriner Sees schneller erreichen zu können. Die Baumeister Wier und Jatzow übernahmen die Bauleitung. Die Bauern aus der Umgebung Schwerins mussten soviel Erde ankarren bis der Paulsdamm errichtet war. Nur an der Stelle des heutigen Paulsdammgrabens wurde eine Brücke errichtet um einen Wasserweg zwischen Schweriner Innen- und Aussensee zu erhalten.

Jahr

 

Historie
 

1806- 1813

Bestzung durch napoleonische Truppen

1832

Vereinigung Alt- und Neustadt

1842

Fertigstellung Paulsdamm

1845

Umbau Schloß

1847

Anschluß an das Eisenbahnnetz

1881

Betrieb einer Pferdebahn

Arsenal

Arsenal, 1844 vollendeter militärischer Zweckbau

Bahnhof

Das alte Bahnhofsgebäude 1857

Friedensschule

Realgymnasium, heute Friedensschule

Museum

Staatliches Museum

Pfaffenteich

Pfaffenteich 1868, der Dom vor der Turmerweitung

Dom1

Der Dom heute

Schloss

Schweriner Schloß