Nördlich der Altstadt, im Dreieck zwischen dem Pfaffenteich, Schweriner See und Ziegelsee, liegt seit dem 11. Jahrhundert bekannt die Schelfe.
Der Begriff Schelfe lässt sich unterschiedlich deuten. Wahrscheinlich kommt der Name “Schelp” aus dem niederdeutschen und bedeutet soviel wie Schilf, welches das Gebiet charakterisierte. Die ersten Bewohner der Schelfe waren Fischer aus der wendischen Bevölkerung. Nach der Gründung Schwerins waren sie aus dem Areal der Altstadt vertrieben worden und siedelten sich hier an. Es ist zu vermuten, dass sich schon vor der Gründung von Schwerin im Jahre 1160 auf diesem Gebiet deutsche Kaufleute niedergelassen haben. Ein Teil des Schelfgebietes hatte das Schweriner Domkapitel vor 1228 von Graf Heinrich I. von Schwerin erworben. Dieser stiftete dort kurz vor seinem Tode 1228 eine dem Heiligen Nikolaus (Schutzpatron der Kaufleute) gewidmete Kapelle. Mit Auflösung des Bistums Schwerin im Jahre 1648 fiel die Schelfvorstadt an den Herzog von Mecklenburg. Durch das Nebeneinander von verschiedenen Hoheitsgebieten und Gerichtsbarkeiten kam es zu vielen Streitereien zwischen Schelfe, Altstadt und den Herzogen. Die Gegensätze zwischen den Bürgern der Stadt und den Schelfbewohnern, die man schimpflich “Schelfbauern nannte, bestanden lange Zeit. Die Bebauung der Schelfstadt beschränkte sich im Mittelalter auf die angrenzenden Teile der Stadt bis zu Schelfkirche. Nördlich erstreckte sich vom Ziegelsee her durch Knaudt- und Schelfstraße bis zum Ziegenmarkt eine sumpfige Niederung, die mit dem Beutel und dem Pfaffenteich in Verbindung stand. Darauf erhoben sich in Richtung Pfaffenteich der kleine Weinberg oder spätere Mühlenberg, Die ersten Straßen auf der Schelfe waren die Steinstraße (Puschkinstraße), die Fischerstraße (Münzstraße) und die Papenstraße (Pfaffen-, Schul- und Apothekerstraße). Die Straße wurden nicht lückenlos bebaut, sondern waren von großen Gärten umgeben. Im Verlaufe des 16. und 17. Jahrhundert stagnierte die Entwicklung. Ursachen waren die Misswirtschaft des Dom-Kapitels, die Auswirkungen des 30 jährigen Krieg und die verheerenden Stadtbränden, die auch vor der Schelfe nicht haltmachten. So vernichtete 1697 ein Großfeuer 22 Häuser.
Das Feuer war dadurch entstanden, dass beim Schießen auf einen Vogel ein Strohdach in der Fischerstraße in Brand geriet.
Ende des 17. Jahrhunderts war die Schelfe völlig heruntergewirtschaftet. Mit der Erhebung der Schelfe zur Stadt und ihr Ausbau sollte dieser Zustand verändert werden. Im Jahre 1705
erließ der Herzog die Deklaration. Mit der Ausführung der Planung und Ausführung der Neugestaltung wurde der Ingenieur Jacob Reutz beauftragt. Handwerkern und Kaufleuten wurden Vergünstigungen in Aussicht gestellt,
wenn sie sich hier ansiedelten. Die geplanten Projekte, wie der Bau des Rathauses, der Kirche und der Aufschüttung des Spielthordamm, sollten für die Beschäftigung der Handwerker sorgen. Wer sich auf der Schelfe niederlassen und bauen wollte, erhielt ein freies Grundstück, ein Drittel des Baumaterials oder ein Viertel der Baukosten in barem Geld.
Während die Schelfe im Jahre 1701 nur 500 Einwohner zählte waren es 1789 bereits 3000 und im Jahre 1819 4135 Menschen.
G. A. Demmler projektierte 1858 die Verlängerung der Werderstraße bis zum Alten Garten. Ein zweiter Entwurf von ihm, einen Boulevard vom Beutel bis zum Werderholz und weiter über die Möwenburgstraße bis zur Wismarschen Straße anzulegen wurden leider nicht realisiert.
Im den Jahren nach 1871, der so genannten Gründerzeit, entstanden große Mietshäuser. Sie überragten die Fachwerkhäuser um ein bis drei Stockwerke. Außerdem kam es Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder zu Abrissen von historisch wertvollen Gebäuden und zum Bau von Häusern, die das ehemals einheitliche Gesamtbild erheblich störten. Dies änderte sich erst mit der Baupolizeiordnung von 1906. Nach 1945 war man bemüht, vor allem die Repräsentativbauten in der Schelfstadt zu erhalten. So begann man das Neustädtische Palais, das Brandensteinsche Palais und die Schelfkirche zu restaurieren sowie Ziegen- und Schweinemarkt durch Plastiken zu verschönern. An den Wohnhäusern wurden jedoch kaum die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt und damit dem Verfall preisgegeben.
Seit 1989 nun versuchen die Schweriner verstärkt, sich für die Erhaltung der Schelfstadt als einheitlichen barocken Stadtteil einzusetzen. Das Land Mecklenburg-Vorpommern unterstützt die Ziele der Sanierung, insbesondere die behutsame Entwicklung und Erneuerung der gewachsenen Altstadtbereiche durch verschiedene Förderungsmaßnahmen. Grundlage der Entwicklungsplanung bildet der rahmenplan der Stadt Schwerin. 17
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