Anfang
 

Schwerins Einwohner engagierten sich wie in fast allen deutschen Städten für Einzug Gauleiter Hildebrandtdie deutsche Vernichtungsmaschinerie und ihren reibungslosen Betrieb.
Auch in Schwerin kam es in der sogenannten „Kristall-Nacht" vom 9./10. 11.1938 zu antisemitischen Pogromen.
Die Schweriner Synagoge am Schlachtermarkt wurde zerstört, die Schaufensterscheiben aller jüdischen Geschäfte wurden eingeschlagen, die Ladeneinrichtungen und Waren demoliert, angesehene Kaufleute, wie z. B. der Schweriner Juwelier Löwenthal in der Schmiedestraße, wurden mißhandelt.
Auf den zerschlagenen und mit Holz verschalten Schaufenstern des Geschäftes von Kychenthal am Markt prangte am 15. November 1938 die Aufschrift: „Dieses Geschäft ist in arische Hände übergegangen."

Ebenso wurde dem Nervenarzt Dr. Rosenheim, der in seinem exclusiven Sanatorium in der Schloßgartenallee vor allem Privatpatienten behandelte, die Behandlung von "nichtjüdischen Patienten" untersagt.
Zu Recht um seine Sicherheit besorgt übergab er die Klinik an einen Kollegen und verließ 1936 Deutschland. Zwei Jahre später erwarb die Geheime Staatspolizei das Gebäude in der Weinbergstraße 1 als neues Dienstgebäude.

Im Sommer 1938 bestanden in Schwerin nur noch fünf jüdische Geschäfte. Neben Löwenthal lehnte auch Kychenthal den Verkauf Ihrer gut laufenden Geschäfte ab. Den immer stärker werdenden Druck durch nationalsozialistische Schlägertrupps hielten auch sie nicht mehr lange aus. Nach einer Verhaftung unterschrieben sie unter enormen Druck in der Haftanstalt Neustrelitz die Verkaufsurkunden.

Bis zum Einmarsch der Alliierten Streitkräfte setzte das Schweriner Stadtbauamt Kriegsgefangene aus mehreren Nationen für die Straßenunterhaltung und Luftschutzmaßnahmen, bei der Müllabfuhr, der Friedhofsverwaltung und der Unterhaltung städtischer Gebäude ein. Zudem forderten mehrere Privatbetriebe, darunter die Baufirma Parbs aus der Werderstaße, Arbeitskartedie in der „Adolf Hitler Kaserne“
(heutiges Innenministerium) arretierten Zwangsarbeiter als billige Arbeitskräfte an.
Ein Großteil von ihnen durchlief zuvor das Kriegsgefangenenlager am Grünen Tal. Hier sind rassistisch motiviert zwischen 1940 und 1945 mindestens 500 sowjetische Gefangene von ihren deutschen Bewachern auf brutalste Weise ermordet worden. 1961 wurden in Neu-Zippendorf Massengräber von 500 sowjetischen Kriegsgefangenen entdeckt. Diese Vernichtung war die letzte Konsequenz einer kollektiv herbeihalluzinierten externen Bedrohung der deutschen Volksgemeinschaft.
Um die „Reinigung des Volkskörpers“ von innen heraus voran zu treiben, ließ das Erbgesundheitsgericht am Demmlerplatz in den Heil- und Pflegeanstalten am Sachsen- und Lewenberg “minderwertige” Menschen zwangssterilisieren.
Für derlei Eingriffe standen in Mecklenburg 14 Krankenhäuser zur Verfügung, vier davon in Schwerin. Mehr als 900 Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen, psychisch Kranke, Alkoholiker oder so genannte „Asoziale“ wurden in Schwerin durch eine Überdosierung von Veronal, Luminal oder Morphium im Essen oder durch eine Injektion getötet. Unter ihnen befanden sich auch 100 Kinder, die zwischen 1941 und April 1945 unter der Leitung von Dr. Alfred Leu ermordet wurden.
Das größte Kriegsgefangenenlager in Schwerin war das Stammlager (Stalag) II E der Deutschen Wehrmacht, in dem ca. 15.000 Kriegsgefangene, darunter 4.000 sowjetische und 10.000 französische, inhaftiert waren. Im Arsenal am Pfaffenteich waren Zwangsarbeiter verschiedener Nationen, darunter bis 1942 auch 250 Polen, für die “Arbeitsgemeinschaft für Handel und Handwerk” untergebracht.
Auf dem Lankower Ziegelhof hatte die Schweriner Stadtverwaltung von August 1940 bis Januar 1942 70 französische Kriegsgefangene
einquartiert, die zur Arbeit gezwungen wurden. Das Barackenlager Gosewinkel in der Weststadt gehörte zur Kreishandwerkerschaft und diente zwischen Oktober 1942 und Mai 1945 der Unterbringung von 250 Polen. In der Dr.-Külz-Str. 20 waren die Quartiere von ca. 70 “Ostarbeitern” (Zwangsarbeiter sowjetischer Herkunft), die bei der Deutschen Reichsbahn arbeiten mussten. Die 20 Arbeiter der Deutschen Holzwerke Fritz Dettmann,überwiegend Letten und Polen, lebten in der Wismarschen Straße. Auch der Gasthof“Püsserkrug” in Ostorf war im März 1943 vom Stadtbauamt Schwerin zur Unterbringung von 60 ukrainischen Arbeitern eingerichtet worden, wurde aber ab Oktober 1943 zur Inhaftierung italienischer Militärinternierter genutzt. Die 60 Ukrainer wurden in das Lager Gosewinkel überführt.

Viele Schweriner arbeiteten und bewegten sich tagtäglich im Umfeld dieser Verbrechen. Daß sie von den Greueltaten nichts gewußt haben sollen, ist nur schwerlich vorstellbar.

 

Jahr

 

Historie

 

1933

Verbrennung von Büchern und Fahnen der Schweriner SPD

9./10.11 1938

Reichskristallnacht

1939

STALAG II E bei Zippendorf, Lager für 15.000 Kriegsgefangenenlage

1941-1945

Sterilisation und Ermordung von Kranken, Behinderten und Asozialen

Hitlerplatz 1938

Hitlerplatz 1938

Wittenburger Staße 1935

Wittenburger Staße 1935

Kaufhaus Kychenthal, Am Markt 1934

Kaufhaus Kychenthal, Am Markt 1934

Aufmarsch zum Kreistag der NSDAP 1938

Aufmarsch zum Kreistag der NSDAP 1938

Bücherverbrennung 1933
Verbrennung von Fahnen und Bücher der Schweriner SPD