Niklot
Um die neuen Siedlungen in Wagrien gegen Angriffe von außen zu schützen, schloß Graf Adolf von Holstein mit Niklot, dem Fürsten der in Mecklenburg wohnenden Obodriten, einen Freundschaftsvertrag ab.
Den Wenden blieben die Vorbereitungen für diesen Feldzug nicht verborgen.
Fürst Niklot ließ deshalb die Feste Dobin am Nordende des Schweriner Sees zu einer Fluchtburg für die Bewohner des umliegenden Landes ausbauen. Unter Hinweis auf den zwischen ihnen geschlossenen Freundschaftsvertrag bat er gleichzeitig Graf Adolf um seine Vermittlung. Der Graf, der in Frankfurt ebenfalls das Kreuz genommen hatte, konnte ihm aber keine Neutralität zusichern. Er bat aber Niklot, selbst Frieden zu halten und ihn zu warnen, falls die Slawen von sich aus angreifen würden. Niklot hat dies zwar zugesagt, entschloß sich aber, den Kreuzfahrern durch einen Vorstoß nach Wagrien zuvorzukommen. Mit einer Flotte lief er in den letzten Junitagen in die Travemündung ein, sandte aber auch Boten nach Segeberg, um seinem Versprechen gemäß Graf Adolf zu warnen. Da dieser abwesend war, konnte man keine wirksamen Gegenmaßnahmen treffen.
Die Bewohner Lübecks, die am 26. Juni trotz der Warnung durch die Besatzung der Burg sorglos das Fest der Märtyrer Johannes und Paulus mit einem großen Gelage gefeiert hatten, wurden von Niklots Truppen im Schlaf überrumpelt. Die im Hafen liegenden Schiffe gingen in Flammen auf. Bei den Kämpfen sollen mehr als 300 Mann den Tod gefunden haben.  Aus der Sicht der Lübecker hörte es sich so an:
“In dat Johr 1147, dor weer Lübeck graad veer Johr olt, hebben de Slaven de junge Stadt överfullen. All Scheep in'n Haben hebbt se verbrennt, 300 Mannslüüd doothaut. Dor sünd de Fruun so vergrätzt worrn, se hebbt allens grepen, wat dat geev; Bessen, Schüffel, Biel, den groten Sleev, se hebbt ut de Jakobi-Kirch en Fahn mitnahmen un hebbt so mit "Hurra" de Slaven verjaagt. Disse Fahn stünn, so warrt dat vertellt, bet 1619 an den Predigtstohl, denn is se bi't Reinmaken wegkamen. — Utrekent bi't Reinmaken!”
Nur die Burg leistete erfolgreich Widerstand. Gleichzeitig zogen Niklots Reiterscharen durchs Land und zerstörten einen großen Teil der in den letzten Jahren angelegten Siedlungen. Lediglich die Burg Segeberg und einige andere Orte konnten sich halten. Als der Graf Truppen zu einem Gegenangriff aufbot, trat Niklot mit seiner Flotte, auf der er Gefangene und reiche Beute mitführte, den Rückzug an.
Mit einer großen Mannschaft leistete Graf Adolf im Jahre 1151 dem Obodriten-Fürsten Niklot beim Kampf gegen die Kessiner und Zirzipanen im östlichen Mecklenburg Hilfe.
Den ersten Heinrich der Löwe nimmt das KreuzVorstoß ins Slawenland unternahm Heinrich der Löwe im Sommer 1158. Vor seinem Aufbruch nach Italien war Heinrich bemüht, den Frieden im Grenzgebiet zu sichern. Er berief Niklot und die anderen Slawenfürsten zu sich und verpflichtete sie durch Eid, bis zu seiner Rückkehr mit den Sachsen und Dänen Frieden zu halten und ihre Schiffe in Lübeck an seine Beauftragten auszuliefern. Auch Graf Adolf ermahnte Niklot, während seiner Abwesenheit keine Feindseligkeiten zu unternehmen. Diese Maßnahmen hatten jedoch keinen Erfolg, da die Obodriten nur alte und unbrauchbare Schiffe ablieferten und nach dem Abzug des Herzogs ihre Angriffe auf die dänischen Küsten erneuerten. Nur mit aller Mühe konnte Bischof Gerold einen Waffenstillstand vermitteln und einen Vorstoß des Dänen-Königs nach Wagrien verhindern. Nach seiner Rückkehr nach Sachsen hielt der Herzog in den ersten Augusttagen des Jahres 1160 in Barförde an der Elbe nordöstlich von Lüneburg einen Landtag ab und traf auf der nahen Ertheneburg mit König Waldemar zusammen, der sich über die Wortbrüchigkeit der Slawen beklagte. Über die Slawenfürsten, die der Ladung des Herzogs nicht Folge geleistet hatten, sprach Heinrich die Acht aus und verabredete mit dem Dänen-König ein gemeinsames Unternehmen gegen die Obodriten, das während der Erntezeit beginnen sollte.
Niklot wollte diesem Angriff wiederum wie beim Wendenkreuzzug des Jahres 1147 durch einen Überfall auf Lübeck zuvorkommen. Durch die Wachsamkeit eines Priesters - so berichtet Helmhold - gelang es aber, die Brücke über die Wakenitz zu sperren und dadurch eine Überrumpelung der Stadt zu verhindern.
Im Spätsommer des Jahres drang der Herzog mit einem großen Heer ins Obodritenland ein, während gleichzeitig eine dänische Flotte unter Führung König Waldemars und Bischof Absolom bei der Insel Poel landete und von hier aus mecklenburgisches Küstengebiet verwüstete.
Diesem doppelten Angriff war Niklot nicht gewachsen. Er mußte den größten Teil seines Landes preisgeben und setzte beim Rückzug die Burgen Ilow bei Wismar, Mecklenburg und Dobin in Brand. Nur in der durch die Warnow geschützten Feste Werle konnte er sich halten und führte von hier aus einen Kleinkrieg gegen das langsam vorrückende sächsische Heer.
Als seine beiden Söhne Pribislaw und Wratislaw in der Nähe von Mecklenburg eine Schlappe erlitten, unternahm Niklot selbst einen Vorstoß und wollte die Troßknechte des Herzogs beim Futterholen in einen Hinterhalt locken. Dabei wurde er von sächsischen Rittern, die sich als Knechte verkleidet hatten, überlistet und im Kampf erschlagen.
Dass die Sachsen Niklots Toddas Haupt ihres gefallenen Gegners als Beute mit sich führten, zeigt die ganze Härte der Kämpfe.
Niklot war der letzte bedeutende Obodritenfürst. Über seinem Leben liegt eine gewisse Tragik.
Er versuchte, die politische Selbständigkeit des Obodritenlandes östlich der Lübecker Bucht zu wahren und dabei am alten Glauben festzuhalten. Dieses Ziel glaubte er durch ein Einvernehmen mit Graf Adolf von Holstein, an dem er auch nach dem Wendenkreuzzug festhielt, erreichen zu können.
Als dieser Wille der Selbstbehauptung mit dem Herrschaftsanspruch des sächsischen Herzogs zusammenstieß, war er dessen militärischer Überlegenheit nicht gewachsen.
Mit seinem Tode brach der Widerstand im Lande schnell zusammen. Seine beiden Söhne gaben auch Werle preis, steckten die Burg in Brand und zogen sich in das unwegsame Landesinnere zurück.
Noch im gleichen Jahr schlossen sie mit dem Herzog Frieden, traten das ganze von ihm eroberte Land an ihn ab und behielten nur die Gebiete von Kessin und Zirzipanien mit der Burg Werle, die sie von Heinrich zu Lehen
nahmen.
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